1.These: Von der besonderen Mittlerrolle X-chromosomaler Gene bei der Ausprägung geistiger Eigenschaften

An Beispielen von:

negativ: Carl Edzard CIRKSENA (Ostfriesland), Könige Ludwig II. und Otto v. Bayern.

positiv: Friedrich der Große, Otto v. Bismarck, Johann Wolfgang v. Goethe, Ernst HAECKEL, Carl Friedrich GAUSS, August Ferdinand MÖBIUS, Robert BUNSEN, Friedrich STROMEYER, August Heinrich HOFFMANN v. FALLERSLEBEN und Alfred von TIRPITZ, sowie neuerdings auch GOETHE.

Es ist mir nun noch ein wichtiges „geneTalogisches" Anliegen, im Rahmen eines Personenkreises, ausgehend von Ahnentafeln der oben genannten Persönlichkeiten, auf meine „These von der besonderen Mittlerrolle X-chromosomaler Gene bei der Ausprägung geistiger Eigenschaften“ einzugehen. Sowohl im negativen als auch im positiven Sinne. Diese These hatte ich 1989 erstmals in einem Aufsatz „Genealogisch-schaubildlicher Streifzug von Friedrich dem Großen zu Karl Edzard Cirksena. Mit neuen Gedanken zum Niedergang der europäischen Dynastien“ (in: Quellen und Forschungen zur ostfriesischen Familien- und Wappenkunde (Aurich/Ostfriesland 1989), H. 1. 38. Jg., S. 7-20), bekannt gegeben, und zwar im wesentlichen in negativer Hinsicht. An gut bekannten und erforschten mutmaßlichen Krankheitsüberträger-Ahnen, besonders aus dem europäischen Dynastenadel, habe ich meine These an diesen und noch anderen Negativbeispielen in meinem Buch über „Die Geisteskrankheit der bayerischen Könige Ludwig II und Otto. Eine interdisziplinäre Ahnenstudie mittels Genealogie, Genetik und Statistik“ (Degener, Neustadt/Aisch 1997) weiter zu untermauern versucht. Diese These zieht sich dort wie ein „roter Faden? durch das ganze Buch und wird hier nicht nur aufgrund von zahlreichen überlieferten Krankengeschichten von mutmaßlich erblich belasteten Ahnen als Krankheitsherde aus der Ahnenschaft der bayerischen Könige beschrieben. Der Schwerpunkt des Buches sind statistische Ahnentafelberechnungen, die alle erforschten Königsahnen bis zur 14. Generation in eine quantitative Reihenfolge hinsichtlich ihrer genetischen Erbwahrscheinlichkeit bringen, was nur mittels eines speziellen Computerprogramms möglich war, das der Mathematiklehrer und Genealoge Weert Meyer eigens dafür entwickelt hatte. Die Hauptschwierigkeit bei dieser dynastischen Ahnentafel, die kurz vorher erst von erfahrenen Dynasten-Genealogen (Wolfgang RAIMAR, Riemerling bei München und Hans R. MOSER, Toronto/Kanada) in seltener Vollständigkeit bis zur 14. Generation weiter erforscht werden konnte, war die Berechnung auch aller Personen, die als Mehrfach- und Vielfachahnen in dieser extrem stark verwandtschaftlich verflochtenen Ahnenschaft des europäischen Dynastenadels erscheinen.

Diese Tatsache bringt es mit sich, daß aufgrund von Verwandtenehen bereits ab der 4. Ahnengeneration Zweifachahnen erscheinen, in der 5. Gen. Vierfach-, der 6. Gen. Neunfach-, der 9. Gen. 77-fach, der 10. Gen. 154-fach-, der 11. Gen. 230-fach, der 12. Gen. 430-fach-, der 13. Gen. 1152-fach- und schließlich in der 14. Generation 2852-fachahnen erscheinen.

Daraus wird die übliche biologische Einteilung aufgrund nur eines einzelnen Generationsabstandes hinfällig und es ergeben sich jetzt ganz andere biologische Reihenfolgen aufgrund der Mehrfachabstammungen (sog. „Generationsspektren" ) zwischen Proband und physischem Ahn, der an mehreren Stellen der Ahnentafel auftritt.

Das herausragende statistische Ergebnis war, daß die bisher in der Literatur angenommenen mutmaßlichen Krankheitsüberträger-Ahnen auch eine deutlich größere Erbwahrscheinlichkeit gegenüber den statistisch zu erwartenden Durchschnittswerten aufwiesen, genetisch besonders in X-chromosomaler Hinsicht. In der quantitativen Reihenfolge (Ranking-Liste) rückten sie deutlich nach vorne. In der Genetik wird diese besondere Form der Vererbung als geschlechtsgebundene bezeichnet und ist in der Ahnentafelstruktur dadurch ausgezeichnet, daß es innerhalb ein und derselben Generation definiert unterschiedliche Erbwahrscheinlichkeiten gibt und auch einige Ahnentafelplätze von der X-chromosomalen Vererbung ganz ausgeschlossen sind; und zwar sind das diejenigen Ahnentafelplätze, die in der Ahnenlinie zum Probanden mindestens eine Vater-Sohn-Abstammung aufweisen. Die unterschiedlichen Erbwahrscheinlichkeiten innerhalb ein und derselben Generation werden außerdem durch unterschiedliche Erbwahrscheinlichkeiten für die drei anderen Abstammungen, nämlich Vater-Tochter, Mutter-Tochter und Mutter-Sohn hervorgerufen. Bei der Abstammung Vater-Tochter wird ein X-chromosomales Gen mit der „Wahrscheinlichkeit“ 100 % weiter vererbt, denn hier bedeutet dieser Erbvorgang ja gleichzeitig die Geschlechtsbestimmung des Kindes durch den Mann (Samenzelle mit X-Chromosom). Überträgt der man aber Mann sein Y-Chromosom (Samenzelle mit Y-Chromosom) so entsteht ein Junge, was aber andererseits einer Erbwahrscheinlichkeit von 0 % für das väterliche X-Chromosom des Sohnes bedeutet, das Jungen nur von der Mutter erhalten können.

Zwischen den Abstammungen Mutter-Tochter und Mutter-Sohn gibt es keine Unterschiede, in beiden Fällen beträgt die Erbwahrscheinlichkeit hier 50%. Dieser Wert wird durch den Zufallscharakter der Vererbung der X-Chromosomen bei der Frau hervorgerufen. Da eine Frau im Gegensatz zum Manne zwei XChromosomen besitzt, aber nur eines bei der Vererbung an ihre Kinder weitergegeben werden kann, besteht für jedes dieser X-Chromosomen die gleiche Wahrscheinlichkeit, nämlich 50 %, weiter gegeben zu werden, und zwar entweder für das vom Vater oder das von der Mutter geerbte.

Im Gegensatz zu diesen Studien an mutmaßlichen Krankheitsüberträger-Ahnen habe ich meine „X-chromosomale These“ aber auch schon in positiver Hinsicht an anderen Dynastenahntafeln (FRIEDRICH der Große u. a.) und bürgerlichen Ahnentafeln (GOETHE, BISMARCK u. a) verifiziert. Es sei hier auf meine GeneTalogieInternetseite

www.genetalogie.de verwiesen, und hier besonders auch auf:

www.genetalogie.de/mgross/mgross.html ,wo die mütterlichen Großväter im Lichte meiner These „geneTalogie-statistisch" betrachtet werden.

Besonders Interesse hinsichtlich der Erbwahrscheinlichkeit verdient unter den X-chromosomal möglichen Ahnen- und Nachfahrenlinien diejenige Linie, bei der die Geschlechter Mann-Frau- abwechseln (alternieren), denn die Personen dieser Linie besitzen die allergrößte Erbwahrscheinlichkeit. In der Ahnenschaft (Aszendenz) ist dies die „Abstammungslinie dreier mütterlicher Großväter “. Diese Linie können wir als alternierende Geschlechterkette symbolisch mit ihren Ahnen-Nummern schreiben:

               Proband – Frau - Mann – Frau - Mann – Frau – Mann

Ahnen-Nr.:   1            3           6         13       26         53       106.

Bereits in meinem oben genannten bayerischen Königsbuch von 1997 hatte ich auf diese alternierende Linie und die Ahnen-Nr. 106 besonders hingewiesen. Ich sprach dort von der „ominösen Ahnen-Nr. 106“ und der „Filiationskette dreier mütterlicher Großväter“ (S. 55 f.). Als markante Beispiele im positiven Sinne nannte ich dort Otto von BISMARCK (Ahn 106: Michael Büttner) und Friedrich den Großen (Ahn 106: Wilhelm den „Schweiger"). In der Goethe-Ahnentafel hat der Kupferstecher bzw. Kunststicher und Maler Cornelius SCHWIND die Ahnen-Nr. 106. *Frankfurt a.M. 9. Juni 1566, + ebd. 7. Febr. 1632; Bürger seit 1596.

Er war auch Maler in Bologna und wird auch erwähnt im Buch von W. K. Zülch: Frankfurter Künstler 1223-1700, 1935, 670 Seiten. - Cornelius Schwind saß von 1607-1610 im Schuldgefängnis, danach ab 1610 Gasthalter im Schweizerhof in der Neuen Kräme in Frankfurt; oo Frankfurt a.M. 3. Mai 1596 Anna Catharina BEYER, (Goethe-Ahn 107); * Frankfurt a.M. 9. Mai 1577, + ebd. 5. Sept. 1635. Cornelius SCHWINDs Vater Johann SCHWIND, bzw. Geschwind (Goethe-Ahn 212) kam aus Basel (Schweiz) nach Frankfurt und wird als Barchentweber 1550 Bürger in der Neuen Kräme; oo 16. Juni 1550 Ursula BOTZ bzw. Bautz, nicht Petz wie bei Zülch (Goethe-Ahn 213); als Witwe versteuerte sie 1587 ein Vermögen von 3 300 fl. Johanns Vater Nikolaus SCHWIND (Goethe-Ahn 424) war schon Bürger der Stadt Basel.

Quellen: Ergänzungen zur Goethe-AL von Dr. Heinz F. Friederichs: Goethes Frankfurter Ahnen; in Hessische Familienkunde 1949, Bd. 1. Heft 4/5, Sp. 74-76 und zu Nikolaus SCHWIND: Hans Majer-Leonhard, 1927; er (1884-1959) war Genealoge in der "Genealogischen Gesellschaft Frankfurt a.M. - Diese Ergänzungen werden in erweiterter Form noch in den Goethe-Ahnenlisten der Internetseite www.goethe-genealogie.de eingebracht.

Im negativen Sinne Georg III. v. England als Ahn 106 von Albrecht Friedrich v. Preußen und die Königsgeschwister Ludwig II./Otto v. Bayern (Ahn 106: Joh. Reinhard III. v. Hanau-Lichtenberg).

Auf besonders herausragende Ahnenpersonen in dieser alternierenden Geschlechterkette stoßen wir zum Beispiel auch in den Ahnentafeln von Ernst HAECKEL, 1834-1919, auf den wir oben schon ausführlich zu sprechen kamen und beim „Fürsten der Mathematik" Carl Friedrich GAUSS, 1777-1855. Während bei Ernst HAECKEL, der HAECKEL-Ururgroßvater Gottfried HAECKEL, 1701-1773, (Ahn-Nr. 16) noch ein Bleicharbeiter in Kunnersdorf (Schlesien) war, war in der gleichen Ahnengeneration der mütterliche Großvater des mütterlichen Großvaters Ernst HAECKELs (Ahnen-Nr. 26), der Christoph von GROLMANN, 1700-1784, Geheimrat und königlich-preußischer Regierungsdirektor in Cleve. Und dessen mütterlicher Großvater war der Dr. jur. Hermann von VULTEJUS, 1634- 1723, hessischer Vizekanzler der Universität Marburg (Ahnen-Nr. 106!).

In der Ahnentafel von Carl Friedrich GAUSS, 1777-1855, findet man bis zur Ururgroßelterngeneration (Ahnen-Nrn. 16-31) fast nur kleinbäuerliche Berufe („Kotsaß", Ackermann, Schweinehirt) sowie einen Rademacher und den Steinhauermeister Christoph SÜPKE, 1662-1695, in Velpke bei Wolfsburg/Niedersachsen (Ahnen-Nr. 26). Dessen mütterlicher Großvater war der erste bekannte Akademiker in dieser - leider sehr lückenhaft bekannten - Ahnengeneration; es ist der Pastor Johannes PETZ in Velpke, mit der Ahnen-Nr. 106, gestorben 1636, dessen Vater war ebenfalls schon Pastor in Velpke. Bemerkenswert ist, daß dieser Pastor Johannes PETZ nochmals in der GAUß-Ahnentafel durch Verwandtenheirat auftritt, da auch dessen Sohn Hans PETZ, Steinhauermeister, Kirchvorsteher und Gerichtsschöppe, geboren 1626 , mit der Ahnen-Nr. 62 in der GAUß-Ahnentafel vorkommt und damit sogar ebenfalls auf einer bevorzugten X-chromosomalen Erblinie liegt! Durch eine Verwandtenehe entsteht hier eine Mehrfachahnenschaft, so daß Vater und (!) Sohn eine X-chromosomale Ahnenposition einnehmen. Die Verwandtenehe ist hier eine Vetter-Base-Ehe 3. Grades und zwar die der mütterlichen Großeltern (Ahnen-Nrn. 6/7). Diese Verwandtschaft ergibt sich daraus, daß die Urgroßmutter (Ahnen-Nr. 53) des mütterlichen Großvaters (Ahn-Nr. 6) eine Schwester des Urgroßvaters (Ahnen-Nr. 62) der mütterlichen Großmutter (Ahnen-Nr. 7) ist. Oder symbolisch als Abstammungskette der beiden Ahnenlinien durch die Ahnen-Nummern. dargestellt:

                           6 – 13 - 26 – 53

C. F. GAUSS 1–3-∞                     >106=124 Joh.PETZ,+1636, Pastor in Velpker,∞ N.N.

                           7 – 15 – 31 – 62

In der Genealogie spricht man in solchen Fällen bekanntlich von „Ahnenschwund" oder besser von „Implex" (vom Lateinischen: Verflechtung). Alle diese Personen, außer Ahnen-Nr. 124, sind Ahnen, bei denen eine X-chromosomale Vererbung möglich ist. Bei Ahnen-Nr. 124 ist eine solche Vererbung nicht möglich, da hier eine Vater(Ahn 124)–Sohn(62)-Vererbung den Erbgang unterbricht. Indes ist hier eine X-chromosomale Vererbung durch die Mutter(125)-Sohn(62)-Vererbung möglich.

Daraus können wir ersehen, daß man die Ahnentafel immer genauer ansehen, bzw. „tiefer" erforschen muß, bevor geneTalogische Schlüsse gezogen werden können. Dann kommt es z. B. nicht zu Aussagen wie nachfolgender im „Handbuch der Erbbiologie des Menschen? (1939) durch H. F. HOFFMANN in seinem Artikel: „Erbpsychologie der Höchstbegabungen": „Was können wir z. B. damit beginnen, daß der berühmte Mathematiker Carl Friedrich GAUSS väterlicherseits von Schlächtern, Kotsassen, von einem Schneider und einem Schweinehirten abstammt? Und auch die mütterliche Familie versagt, mag in ihr auch eine gewisse Häufigkeit von Steinhauermeistern vorliegen; eine allerdings auffallende Tatsache, die aber keineswegs sichere Schlüsse auf mathematische Begabung zuläßt.".

Ein ausgezeichnetes Beispiel in diesem Sinne ist auch die Ahnentafel von

                        August Ferdinand MÖBIUS, 1790-1868,
die der Mathematiker und Genealoge Dr. Richard MÜLLER (bekannt als Mitautor der „Deutschen Geschichte in Ahnentafeln" 2 Bände, 1939-1943) erforscht und im Rahmen einer Aufsatzreihe „Aus den Ahnentafeln deutscher Mathematiker" (in: Familie und Volk (1955), H. 1-6) veröffentlicht hat. MÖBIUS war der Mitbegründer der neuen Geometrie (homogene Koordinaten) wurde aber besonders durch die nach ihm benannte MÖBIUS’sche Fläche bzw. Band bekannt (eine Fläche, bei der man von einer Seite auf die andere ohne Überschreitung des Randes gelangen kann).

Dr. MÜLLER hat in seinem verdienstvollen Artikel die Mathematikerahnentafeln listenmäßig nur bis zur Großelterngeneration veröffentlicht, aber meist noch kurze Hinweise zur Urgroßelterngeneration gebracht. Bei besonders bemerkenswerten Personen macht er dann allerdings auch noch bei Ahnen in höheren Generationen Angaben. So heißt es z.B. bei der Mutter von MÖBIUS’ Großvater (Ahn 6) mütterlicherseits:
„Unter diesen Ahnen fällt der Name Sabine LUTHER (Ahn 13) auf. Sie ist die Tochter des Seniors an der Stiftskirche zu Zeitz, des Licentiaten Jur. Johann Martin LUTHER (Ahn 26) und der Christine LEYSER (Ahn 27). Sabines Bruder ist der Advokat Martin Gottlob LUTHER, mit dem der Stamm des Reformators bekanntlich ausstirbt. MÖBIUS gehört also zu den „Lutheriden" und ist ein Nachkomme des Reformators selbst, wohl der einzige, dem eine wissenschaftliche Bedeutung zukommt. MÖBIUS’ Ahnentafel enthält also die von Martin LUTHER mit den Ahnenstämmen LUTHER und LINDEMANN, ebenso die seiner Gattin mit den umstrittenen Ahnen von HAUGWITZ, von MERGENTHAL usw.

Über Johann Martin LUTHERs Gattin Christine LEYSER (Ahn 27), 1662-1707, gelangen wir dann zu zwei bedeutenden Knotenpunkten im Ahnengeflecht der deutschen Geschlechter. Ihre Mutter Christine Margarethe MALSCH (Ahn 55) ist die Tochter des Hof- und Pfalzgrafen Simon MALSCH (Ahn 110) und die Enkelin des Magdeburger Kanzlers Chilian STISSER (Ahn 222), womit wir dann also wieder zu der Ahnengruppe HEIL, GOLDSTEIN, BLANKENFELDE kommen, die wir bei [dem Mathematiker Georg Friedrich Bernhard] RIEMANN, [1826-1866], schon erwähnt haben. „Stisseriden? sind in großer Anzahl bekannt. Staatsmänner, Heerführer und Gelehrte gehören zu Chilians Nachkommen: v. HOLSTEIN (die graue Eminenz), v. FABRICE (sächs. Kriegsminister), v. LOEBEL, v. WALDOW (Oberpräsidenten), v. BÜLOW, HERWARTH v. BITTENFELD (Generalfeldmarschälle), die KOTZBUEs (Dichter, Seefahrer, russ. Gen.-Gouverneur), IMMELMANN (Kampfflieger), BUNSEN (Chemiker), CARTILLIERI (Historiker), Wilhelm v. BODE (Kunstgelehrter) u.a. Mit Wilhelm v. BODE erscheint dann auch die um die Geschichte der braunschweigischen Patriziergeschlechter verdiente Genealogin Sophie REIDEMEISTER und, - was in diesem Zusammenhang besonders interessiert – ihr Sohn, der bedeutende Mathematiker Kurt REIDEMEISTER (* 1893).
So finden sich also in einem kleinen Ausschnitt aus dieser großen Nachkommentafel des Chilian STISSER: BUNSEN, MÖBIUS, RIEMANN und REIDEMEISTER dicht nebeneinander. Die beiden letzteren sind natürlich durch braunschweigische Patriziergeschlechter noch mehrfach miteinander „verwandt?. Geht man auf Chilian STISSERs Vorfahren zurück, so erscheinen in diesem Kreis noch manche bekannte Namen: KLOPSTOCK (über GOLDSTEIN), oder die Generale v. SEIDLITZ oder v. BARFUSS (über WINS) u. a. m.
Der andere bedeutende Ahnherr der Christiane Elisabeth LEYSER (Ahn 27) ist Lucas CRANACH (Ahn 1064), denn ihr Vater Friedrich Wilhelm LEYSER (Ahn 54) ist ein Enkel von Polycarp LEYSER d. Ä. (1552-1610) und Elisabeth CRANACH, einer Enkelin von Lukas CRANACH. In einem Ausschnitt aus der Tafel der „Cranachiden" steht MÖBIUS dann zwischen dem Musiker Hans v. BÜLOW und dem Maler v. RAYSKI auf der einen Seite und den Gebrüdern SCHLEGEL und GOETHE auf der anderen Seite.
Es erschien erforderlich, auf diese Zusammenhänge etwas ausführlicher einzugehen, da MÖBIUS lediglich als „Sohn eines Tanzmeisters? in die Literatur eingegangen ist und von seinem hervorragenden Ahnenerbe als Nachkomme eines LUTHER, eines STISSER und eines CRANACH wenig bekannt zu sein scheint.
In Ergänzung dieser Ahnengemeinschaften mag an dieser Stelle aus neuerer Zeit der Münchner Professor Ferdinand LINDEMANN (1852- 1939) genannt werden, der durch den Nachweis der Transzendenz der Zahl pi seinen Namen in das Buch der Geschichte der Mathematik eingetragen hat. Durch diesen im Jahre 1882 geglückten Beweis, wurde endlich das Jahrtausende alte Problem der „Quadratur des Kreises", das so lange Gelehrte und Laien in seinen Bann gezogen hatte, mit einem endgültigen Schlußstrich versehen, ein eindrucksvolles Beispiel, daß es in unserer Erkenntnis noch wirkliche Fortschritte gibt.- Ferdinand LINDEMANN ist zwar kein Nachkomme LUTHERs, aber er stammt aus einem Celler Geschlecht, dessen Abkunft von dem aus LUTHERS Ahnentafel bekannten Geschlecht LINDEMANN kaum zu bezweifeln ist. Mütterlicherseits ist er aber ein Nachkomme einer Philologenfamilie CRUSIUS.

Eine interessante CHEMIKER-Verwandtschaft über X-chromosomale Vererbungswege
sei hier noch eingeschoben (Vettern 4. Grades!):

R. BUNSEN        1-3-7-15-30           60=58 Joh. NIEMEYER

                                                  >           ∞

F.STROMEYER    1-3-7-14-29          61=59 A.M. WICHMANN

(Quelle: Genealogie + Heraldik (1949), H. 1, S. 2-8, und Archiv für Sippenforschung (1967), H. 26, S. 133).

Robert Wilhelm BUNSEN, 1811-1899: Chemiker und Physiker, Prof. der Chemie in Heidelberg, begründet mit KIRCHHOFF die Spektralanalyse, Konstruktion des Bunsenbrenners (1855).

Friedrich STROMEYER, 1776-1823: Prof. der Chemie in Göttingen, 1817 entdeckt er das Element Kadmium (Cd), führt den chemischen Labor-Unterricht in Göttingen ein.

Natürlich konnten in den Ahnentafeln die X-chromosomalen Linien oft nicht genügend weit erforscht werden, um genetische Schlüsse daraus zu ziehen .Ein solches Beispiel ist zum Beispiel die Ahnentafel des Dichters des Deutschlandliedes:

              August Heinrich HOFFMANN von FALLERSLEBEN, 1798- 1874,
die auch von Dr. Richard MÜLLER sehr gründlich erforscht worden ist. Beim X-chromosomalen Ahnenpaar Nr. 26/27, dem Amtsschreiber Johann Melchior PHILIIPPI aus Klein Eicklingen und seiner unbekannten Ehefrau bricht in dieser Linie die Forschung ab. Aber hier kann man häufig noch zusätzliche Erkenntnisse aus den Seitenlinien ableiten, d. h. in diesem Falle außer der Tochter Anna Magdalena PHILIPPI (Ahn-Nr 13), die den HOFFMANN von FALLERSLEBENAhnen Daniel Richard BALTHASAR, Pastor in Oldenstadt und Verssen bei Ülzen heiratet (Ahn-Nr. 12), sind hier auch einige Geschwister und Nachkommen der Anna Magdalena PHILIPPI bekannt. Eine Schwester von HOFFMAN von FALLERSLEBENs mütterlichem Großvater Christian Ludwig BALTHASAR (Ahn-Nr. 6), Dorothea Luise, verheiratet mit dem Pastor Johann Heinrich Ludwig WIESE, war die Ahnfrau der Wissenschaftsfamilie STRUVE durch die WIESE-Tochter Erementia, die Jacob STRUVE heiratete (wegen seiner wissenschaftlichen, besonders mathematischen Arbeiten Ehrendoktor der Universität Kiel). Dieses von X-chromosomalen Linien der HOFFMANN von FALLERSLEBEN sich ableitende Geschlecht STRUVE lieferte der Welt eine bedeutende Astronomen-Dynastie in fünf Generationen! „Das Geschlecht STRUVE zeichnete sich aber nicht nur durch hochwertige Geistigkeit aus, sondern ebenso sehr durch eine auffallende Fruchtbarkeit. Jacob STRUVE und Emerentia WIESE hatten 14 Kinder, von denen 7 groß geworden sind, davon 52 Enkel und 134 Urenkel. Wilhelm STRUVE, der Astronom, hatte dazu mit 18 Kindern aus zwei Ehen (9 verheiratet), einen schönen Beitrag geleistet und hatte selbst 54 Enkel und 93 Urenkel" (nach Richard MÜLLER).

Schließlich läßt eine weitere Persönlichkeit die bereits bei HAECKEL, GAUSS, BUNSEN, STROMEYER, MÖBIUS und FALLERSLEBEN bevorzugten X-chromosomalen Ahnenlinien besonders deutlich erkennen:

                  Großadmiral Alfred von Tirpitz, 1849-1930.
In diesem letzten auffälligen Beispiel der Vererbung geistiger Eigenschaften können wir
die X-chromosomalen Ahnenlinien aufgrund der gut erforschten bürgerlichen Ahnentafel bei Alfred von Tirpitz besonders genau verfolgen. Großadmiral v. TIRPITZ war nicht nur die höchstdekorierte Militärperson des 1. Weltkrieges, sondern hat auch in der Nachkriegspolitik als Parteigründer eine nicht unwesentliche Rolle in der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts gespielt.
Grundlage meiner Untersuchung war die Veröffentlichung der Ahnenliste Alfred von TIRPITZ’ durch Friedrich Wilhel. EULER im „Archiv für Sippenforschung" (1989, Heft 114, S. 81-100). EULER geht in dieser biographisch-genealogischen Studie zunächst auf die im Jahre 1979 erstmals erschienene Biographie „TIRPITZ – Aufstieg, Macht und Scheitern" des Kieler Neuhistorikers Prof. Dr. Michael SALEWSKI ein und versucht eine zusammenfassende Darstellung der genealogischen Komponenten von Alfred von TIRPITZ. Dabei verweist er auch auf wichtige Vorarbeiten zur TIRPITZ-Ahnentafel; besonders durch die Genealogen Dr. Heinrich BANNIZA von BAZAN und Gero von WILCKE. Wir erfuhren ja oben schon, daß in Gero von WILCKEs Arbeit über die STAHL-Enkel in deren Nachkommenschaft auch Alfred von TIRPITZ erscheint, was aus dessen Ahnenliste hier nun nachvollziehbar sein soll. Und zwar führt der Abstammungsweg von der in Halle geborenen Urenkelin Johanna Elisabeth von BÖHMER, 1742-1782, (verheiratet mit dem Medizin-Professor Dr. phil. et med. Peter HARTMANN dem Älteren, 1727-1791, Helmstedt und Frankfurt/Oder) auf Alfred von TIRPITZ. Die genannte Johanna Elisabeth von BÖHMER ist eine Urenkelin von TIRPITZ mütterlicherseits (Ahnen-Nr. 13); TIRPITZ’ Mutter Malwine HARTMANN, 1815-1880, war eine Tochter von Peter HARTMANN des Jüngern, 1776-1842, Medizinalrat in Frankfurt/Oder(Ahnen-Nr. 6), der der Sohn des oben genannten Peter HARTMANN des Älteren ist (Ahnen-Nr. 12) und der mehrfach genannten Urenkelin Johanna Elisabeth von BÖHMER).
Diese Abstammungslinie kann man wieder abwechselnd hinsichtlich des Geschlechts (Mann oder Frau) schreiben: Mann (Alfred v. Tirpitz, Proband, Ahn-Nr. 1) - Frau (Mutter, Ahn-Nr. 3) - Mann (Großvater, AhnNr. 6) - Frau (Urgroßmutter, Ahnen-Nr. 13). Ahnenlinien mit abwechselndem (alternierendem) Geschlecht: Mann-Frau-Mann-Frau-Mann- …besitzen, wie oben bereits gesagt, die größte Erbwahrscheinlichkeit in Bezug der Vererbung X-chromosomaler Gene auf den Probanden, hier Alfred von TIRPITZ. Es muß hier auf meine Studie „Erbmäßig bevorzugte Vorfahrenlinien bei zweigeschlechtigen Lebewesen“ verwiesen werden: http://www.genetalogie.de/artikel/html/ar_afs79/ar_afs79.htm">

Bevor wir die mütterliche Seite der TIRPITZ-Ahnentafel im Lichte meiner genetischen These noch näher betrachten, zuvor noch ein Blick auf die väterliche Seite seiner Ahnentafel: TIRPITZ’ Vater und Großvater TIRPITZ waren beide Königlich Preußische Justizräte und Notare in Frankfurt/Oder. Die beiden weiteren noch bekannten TIRPITZ-Stammväter hingegen waren Musikanten. Urgroßvater Jacob Friedrich TIRPITZ, 17590-1830, war Kgl. Preuß. Stabstrompeter im Neumärkischen Dragonerregiment Nr. 3, dann „Salzfaktor zu Sohnenburg"; Ururgroßvater Christian Ferdinand TIRPITZ, 1701-1790, war „Stadtmusicus und Feldtrompeter" in Bärwalde, wo er geboren war und auch verstarb. Von ihm ist nur noch bekannt, daß er mit der Bürgerstochter Susanne SCHMIEDECKE, 1722-1778, verheiratet war, deren Vater Johann Jacob Bürger, Brauer, Ratsherr und Zolleinnehmer in Bärwalde war und dessen Vater Jacob Bürgermeister und Oberzolleinnehmer ebenda war.
Es ist bei herausragenden Persönlichkeiten sehr auffällig, daß die rein väterliche (patrilineare) Stammlinie (Namenslinie) meist nicht sehr weit zurückverfolgt werden kann, meist endet sie im Berufstand des Handwerks oder im kleinbäuerlichen Bereich. Es sei hier statistisch nur verwiesen auf die große Sammlung „Ahnentafeln berühmter Deutscher,“ (1929-1944) und die beiden Bände „Deutsche Geschichte in Ahnentafeln“ (1939, 1942). Die rein väterliche Linie berühmter Persönlichkeiten verdankt ihren späteren Aufstieg oft den Eheverbindungen mit Töchtern aus Familien höheren sozialen Standes, wenn auch vielfach deren Wurzeln nicht mehr weit zurück verfolgt werden können. Friedrich Wilhelm EULER weist bei der Ahnenschaft von Alfred von Tirpitz besonders auf das Ahnenpaar Carl ROHLEDER, 1746-1813, zuletzt Superintendent und Oberpfarrer in Sonnenburg und seine Ehefrau Charlotte SCHMIDT, 1758-1845, eine Pastorentochter (Ahnen-Nummern 10 und 11) hin. Deren Tochter Ulrike ROHLEDER, 1788-1857, heiratete Alfred von Tirpitz’ Großvater Friedrich Wilhelm Tirpitz, 1782-1862. EULER erwähnt hier die berühmte Nachkommenschaft Henriette ROHLEDERs (einer Schwester von Ulrike). Diese Henriette ROHLEDER heiratet den Gymnasialdirektor D. Dr. phil. Gustav KÖPKE in Berlin (bekannter Lehrer Otto von BISMARCKs) und dieses Paar wurden die Großeltern des Reichskanzlers und Generals der Infanterie Leo Graf von CAPRIVI, 1831-1899.
Die in die TIRPITZ-Stammlinie einheiratende Familie ROHLEDER führt ihre Ursprünge auf Glaubensflüchtlinge in Mähren zurück. Bereits EULER betont den besonderen Einfluß der mütterlichen Ahnenlinien: „Nicht zuletzt ist es auch hier die mütterliche Linie, […] die in den letzten Generationen genug erstaunliche Leistungen aufweist, um der allgemeinen Wertschätzung der Zeitgenossen teilhaftig zu werden. […] Diesem prägenden Erbe trat der Mannesstamm der TIRPITZ zurück. […] Einen völlig neuen Akzent bringt die Mutter des Admirals mit ihrem Erbe aus ältesten Gelehrtengeschlechtern in Halle und in diesen schon bewegten Ahnensaal. Die Ärztefamilie der HARTMANN aus Ohrdruf [Ahnen-Nrn. 6, 12, 48 und 96] hatte durch großen Kinderreichtum nicht für alle Söhne ein Studium ermöglichen können. Aber auch Eduard HARTMANN [Ahn 24] galt als Faktor der Waisenhausdruckerei in Halle in der Franck’schen Stiftung als ein gelehrter Mann. Sein Sohn kehrte wieder in die Universitätslaufbahn zurück und heiratete die Tochter und Enkelin der bedeutenden, geradezu bahnbrechenden Gelehrten Familien, v. BOEHMER und STAHL. Für diese interessanten Abläufe müssen wir im einzelnen auf die Darstellung in der Ahnentafel verweisen. Auffallend ist der große Anteil des patrizischen Erbes aus den Städten und die unerwartete Ahnengemeinschaft mit GOETHE [ über Anna Margaretha KÖHLER, Ahnen-Nr. 219] und Thomas MANN [über Anna GANZLAND, Ahnen-Nr. 221]. Auch Gero von WILCKE hebt in dem bereits genannten Aufsatz „Der MedizinKlassiker STAHL und seine Enkel in der Professorenfamilie BÖHMER" diesen Personenkreis besonders hervor. Es sei nochmals erinnert, daß in der Ahnentafel von Alfred von TIRPITZ unser Chemie- und Medizin-Professor Georg Ernst STAHL, 1659-1734, auf der mütterlichen Seite vorkommt, und zwar steht STAHL in TIRPITZ’ Ahnentafel nicht nur auf einer Stelle, bei der eine X-chromosomale Vererbung auf den Probanden (Alfred v. TIRPITZ) möglich ist, sondern mit der Ahnen-Nummer 54 sogar auf einer deutlich bevorzugteren X-chromosomalen Stelle als im reinen (matrilinearen) Weibesstamm mit den Ahnen- Nummern: Frau (63)-Frau (31)-Frau (15)-Frau (7)-Frau (3)-Mann (1); er steht nämlich auf der Ahnen-Nr. 54, die - bis auf die Abstammung 27-13- durch die abwechselnde Geschlechterfolge: Mann (54)-Frau (27)-Frau (13)-Mann (6)-Frau (3)-Mann (1, Proband = A. v. TIRPITZ) ) gekennzeichnet ist. Die Ahnen-Nr. 54, auf der G. E. STAHL steht, hat in der Ahnentafel von Alfred von TIRPITZ die doppelte X-chromosomale Erbwahrscheinlichkeit (12,5 % ) auf den Probanden (v. TIRPITZ) gegenüber der z. B. in gleicher(!) Ahnengeneration stehenden Ururgroßmutter mit der Ahnen-Nr. 63 (6,25%), deren Linie in reiner Frauen-Abstammung 63-31-15-7-3-1 auf den Probanden Alfred von TIRPITZ führt. Es handelt sich bei dieser Ahnen-Nr. 63 um eine Gertrud KRÜGER, die vor 1739 einen Franz Wilhelm MEYER, 1710-1771, (AhnNr. 62) heiratete, der Bürger in Bielefeld und von Herborn eingewandert war; mehr ist von diesem Ehepaar nicht bekannt.

Zur Verdeutlichung der X-chromosomalen Vererbung im allgemeinen und meiner „These von der besonderen Mittlerrolle Xchromosomaler Gene bei der Ausprägung geistiger Eigenschaften“ im besonderen, seien aus der Ahnetafel von Alfred von TIRPITZ nachfolgend einmal alle Personen mit ihren X-chromosomalen Erbwahrscheinlichkeiten (= mittlerer biologischer Verwandtschaftsanteil) bis zur 8. Ahnengeneration aufgezählt, bei denen diese geschlechtsgebundene Vererbung möglich ist. Es entfallen hier also alle Ahnen, die durch eine oder mehrere Vater-Sohn-Abstammung zum Probanden Alfred von TIRPITZ , Großadmiral (mit 68 deutschen und internationalen Auszeichnungen!), gekennzeichnet sind.

1. Gen.
3 Malwine HARTMANN, Frankfurt/Oder (Mutter), 100 %
2. Gen.
6 Peter HARTMANN, Dr. med., Medizinalrat in Frankfurt/Oder , 50 %
7 Anne Louise AUNE, Königsberg, 50 %
3. Gen.
13 Johanna Elisabeth von BOEHMER, Halle, 50 %
14 Isaac Adam AUNE, Zollinspektor in Königsberg, 25 %
15 Johanne Marie MEYER, Bielefeld, 25 %
4. Gen.
26 Friedrich von BOEHMER, Dr. jur. Prof. der Rechte, Frankfurt/Oder u. Berlin, 25 %
27 Catharina Louise Charlotte STAHL, Berlin 25 %
29 Marie SARRE, Berlin, 25 %
30 Franz Wilhelm MEYER, Bürger in Bielefeld, 12,5 %
31 Gertrud KRÜGER, 12,5 %
5. Gen.
53 Eleonore Rosine STÜTZING, Halle, 25 %
54 Georg Ernst STAHL, Dr. med., Prof. der Chemie u. Medizin in Halle u. Berlin, 12,5 %
55 Regina Elisabeth WESENER, Halle, 12,5 %
58 Pierre SARRE, Bürger und Gärtnermeister in Berlin, 12,5 %
59 Elisabeth BERTIN, Metz, 12,5 %
61 unbekannt, 12,5 %
62 unbekannt, 6,25 %
63 unbekannt, 6,25 %
6. Gen.
106 Johann Gotthilf STÜTZING, Pfänner, Ratskammerschreiber in Halle, 12,5 %
107 Dorothea HAHN, Halle, 12,5 %
109 Marie Sophie MEELFÜHRER, Ansbach, 12,5 %.
110 Wolfgang Christoph WESENER, Dr. med. Stadtarzt und Pfänner in Halle, 6,25 %
111 Regina SEYFART, Halle, 6,25 %
117 unbekannt 12,5 %
118 unbekannt 6,25 %
119 unbekannt 6,25 %
122 unbekannt 6,25 %
123 unbekannt 6,25 %
125 unbekannt 6,25 %
126 unbekannt 3,125 %
127 unbekannt 3, 125 %
7. Gen.
213 Helene LUDWIGER, Halle, 12,5 %
214 Laurentius HAHN, Pfänner, Kramermeister, Ratsherr in Halle, 6,25%
215 Elisabeth SCHADE, Halle, 6,25 %
218 Johann Burkhard MEELFÜHRER, Präzeptor in Ansbach; Gelehrter u. Dichter, 6,26 %
219 Anna Margaretha KÖHLER (CÖLER), Illenschwang bei Dinkelsbühl, 6,25 %
221 Anna GANZLAND, Halle, 6,25 %
222 Christian SEYFARTH, Bürger, Pfänner u. Oberbornmeister in Halle, 3,125 %
223 Regina MÜLLER, 3,125 %
die weiteren „X-chromosomalen Ahnen? 234-235, 237-239, 245-247, 250-253, 254-255 sind in der veröffentlichten Ahnenliste nicht mehr enthalten
8. Gen.
426 Caspar LUDWIGER, Pfänner, Ratsherr in Halle, 6,25 %
427 Maria LOTTER, Leipzig, 6, 25 %; sie war eine Enkelin des Ratsbaumeisters u. Bürgermeisters Hieronymus LOTTER, 1496-1580, Erbauer des Leipziger Rathauses. 429 unbekannt; 6,25 %
430 Philipp SCHADE, Pfänner u. Kramermeister in Halle, 3,125 %
431 unbekannt, 3,125 %
437 Elisabeth GRAMMANN, 6,25 %; Tochter des Nicolaus G. Superintendent in Kulmbach.
438 Wendelin KÖHLER (CÖLER), Magister u. Pfarrer in Illenschwang u. Weißenkirchberg, Goethe-Ahnen-Nr. 102; 3,25 %
439 Maria LEY, Windsbach, Goethe-Ahnen-Nr. 103, 3,25 %; Tochter des Magisters, Dekan und Dichters Conrad LEY.
442 Tilemann GANZLAND, Handelsmann in Halle, 3,25 %
443 Catharina SEYFFART, Halle, 3,25 %; Tochter des Fürstl. Magdeburg. Küchen- u. Bornmeister in Halle.
die weiteren „X-chromosomalen Ahnen":445-447, 469-470, 471, 474- 475, 477-479, 490-491, 493-495, 501-503, 506-507, 509-511 sind in der veröffentlichten Ahnenliste nicht mehr enthalten.

Erst in jüngerer Zeit konnten einige Ergänzungen zur Ahnentafel des Chemikers Justus von LIEBIG, 1803-1873, erforscht werden. Viele Jahre hatte der bekannte Hessen-Genealoge Prof. Otfried Praetorius, Darmstadt, 1878-1964, sich der Liebig-Genealogie (Vorfahren und Nachkommen) intensivst gewidmet; seine diesbezüglichen Veröffentlichungen:
Justus Liebigs hessische Vorfahren; in: Familiengeschichtliche Blätter, Jg. 12, (1914), Heft 2, 5 Seiten.- Die Ahnentafel des Chemikers Justus Freiherrn von Liebig, im 1. Band der "Ahnentafeln berühmter Deutscher, Leipzig 1929/1932, S. 145-152; sowie: Liebigs Nachkommen; in: Familie und Volk, Jg. 4, (1955), Heft 1, S. 1-6. Diese vollständige Nachkommentafel steht auch in meiner Arbeit: Das "Gesicht der Genealogie - Über listenmäßige Darstellungen von Nachkommenschaften. Stuktur und Bezifferung"; dort als Musterbeispiel (Farbe als Ordnungsmerkmal!) im Anhang als Liste 2:
http://wiki-commons.genealogy.net/images/a/a2/Gesicht_der_Genealogie.pdf.
Zunächst wurde bei Rezensionen von Liebigs Ahnentafel ein dort einzig veröffentlichter Akademiker in Liebigs Ahnentafel übersehen. Prof. Siegfried Rösch, 1899-1984, schreibt noch in seiner großartigen "Professorengalerie der Gießener Universität - Ikonographisches und genealogische Betrachtungen" von 1957; in: Festschrift zur 350 Jahrfeier der Ludwigs-Universität - Justus Liebig Hochschule, 1607-1957, Gießen 1957:

"Liebigs Vorfahren waren fast ohne Ausnahme "kleine Leute" (Schuhmacher, Schneider, Ackerleute), sie enthalten keinen Vertreter eines geistigen Berufs." - Doch schauen wir uns hier nun einmal die theoretisch stärkste X-chromosomale Ahnenlinie bis zum erforschten Spitzenahn an. Dieser ist in Liebigs Ahnentafel ausgerechnet Ahn 106 (!) Johannes SCHMID, * … 1610, + Jesingen 16. Okt. 1677, Schultheiß ebd. seit 1639; oo Barbara N.N., * … 1613, begr. Jesingen 16. März 1692 (Ahn 107); weiteres nicht bekannt! Doch an benachbarter Stelle steht nochmals ein Schultheiß als Spitzenahn 104: Balthasar ZIMMERMANN, * … 1610, + Nabern 5. Aug. 1684, Schultheiß in Nabern, verheiratet mit "eines Pfarrers Tochter von Gussenstadt" (Ahn 105): Anna Maria LANG (?) oder STRÖHLEIN (?), * … 1610, + Nabern 29. Okt. 1693. Ihr Vater (Spitzenahn 210) erscheint in der Liebig-Ahnentafel von Otfried Praetorius von 1929/1932, entweder als M. Christoph LANG (?), 1607-1616 Pfarrer zu Gussenstadt oder M. Isaak STRÖHLEIN(?), 1616-1634 Pfarrer zu Gussenstadt. Unklar bleibt mir (AR), warum Otfried Praetorius Spitzenahn 210 nicht eindeutig M. Christoph LANG zuordnet, da nur dieser bei Geburt der Tochter Anna Maria von 1610 Pfarrer in Gussentadt war; - und nicht M. Isaak STRÖHLEIN, der erst 1616 dort sein Amt antrat, auch ist bei den drei Ahnen 104, 105 und 106 merkwürdigerweise überall als Geburtsdatum "* … 1610" angegeben (Zufall?).
Doch nun zur eingangs erwähnten Ergänzung von Liebigs Ahnentafel in jüngerer Zeit: Diese interessanten Ergänzungen ergaben sich, nachdem ein Ortsfamilienbuch von Groß- Bieberau/Hessen erstellt worden war. Daraus konnte die Liebig-Ahnentafel auf der väterlichen Seite beim Liebig-Ahn 142: Andreas ROSLER, Korporal, + Überau 15. Okt. 1663, bis zu dessen mütterlichen Großeltern-Paar Methusalem ARNOLD, Pfarrer in Zwingenberg a.B./Hessen, + ebd. 1601 und Katharina ORTH, + Roßdorf, Kr. Darmstadt 19. Sept. 1568, (Ahnen 570/571), erforscht werden. Damit ist jetzt auch Justus von LIEBIG ein Nachkomme der berühmtesten hessischen Beamtenfamilie der Marburger ORTHs! In der von mir zusammengestellten ORTH-Stammliste hat Katharina ORTH die Signatur-Nr. IV 6:
http://goethe-genealogie.de/orth/orthst.html

Katharina Orth (Liebig-Ahn 571) ist eine Schwester des Goethe-Ahnen 506: Philipp ORTH, ORTH-Signatur-Nr. IV 12: * Marburg 1528, + Battenberg 1586/87, 1545 Student in Marburg, Schultheiß in Caldern 1562-67, Rentmeister in Battenberg 1568-86; oo um 1560 Margarethe v. BIEDENFELDT. Damit konnte nun auch Justus von LIEBIG in die Ahnengemeinschaft mit GOETHE aufgenommen werden:
http://goethe-genealogie.de/verwandtschaft/ahnengemeinschaftst.html

Eine weitere interessante, statistisch relativ seltene Erscheinung, in der sonst meist eintönigeren Namensstamm-Linie, ist die doppelte Verwandten-Ehe des LIEBIG-Stamm-Listen Ahns 16: Johann Heinrich LIEBIG; * Niedernhausen 25. Sept. 1693, + Groß-Bieberau 4. Okt. 1761, Gemeinsmann u. herrschaftlicher Zehner; oo Lichtenberg (Odenwald) 7. Mai 1716 Anna Cathariná PFAFF, * Überau bei Reinheim 2. Febr. 1694 (Liebig-Ahn 17).
Bereits die Ehe der Eltern von Anna Catharina PFAFF, also zwischen den Liebig-Ahnen 34 und 35 war eine Verwandten-Ehe. Diese doppelte verwandtschaftliche Verflechtung (Implexe!) beruht auf zwei Vollgeschwistergruppen in der Liebig-Ahnenliste, und zwar abstrakt durch die bloße Angabe der kleinsten Kekule-Ahnennummer, hier den beiden Liebig-Vollgeschwistern 64 und 69, sowie 128 und 143 (Verschwisterungsliste [VSL]). Daraus kann z. B. das neue Rechen- und Grafikprogramm von Martin Jülich, Chemnitz, eine Grafik zum besseren Verständnis der verwandtschsaftlichen Verflechtung (Implex) zeichnen, mit Angabe aller daraus resultierenden Mehrfachahnen-Kekule-Nummern je Ahnenperson. Interessant sind dabei die beiden Ahnenlinien-Flanken der über 5 Generationen verlaufenden Liebig-Namenslinie 8-16-32-64-128-256 einerseits und daneben der Mutterstamm ("reine Weibeslinie") 17 Pfaff-35 Greifffenstein -71 Rosler -143 Liebig - 287 Ulmann. Zur Theorie der oben genannten (Verschwisterungsliste [VSL]) siehe in meinem "bayerischen Königsbuch" das Kapitel IX. Die Verschwisterungsliste (VSL) als Schlüssel :
http://www.genetalogie.de/bilderhtm/genetalogiebuch.html

Zum Grafikprogramm siehe unter AL Rösch (Kinder) den Punkt: Das Programm Ahnenimplex - Grafik- und Rechenprogramm nach Rösch von Martin Jülich, Chemnitz :
http://www.genetalogie.de/roesch2/index.html

Abschließend zu diesen „geneTalogischen" Überlegungen sei noch darauf hingewiesen, daß die Anzahl der möglichen sog. Xchromosomalen Ahnen, durch die eine solche Vererbung möglich ist, in der Ahnentafel von Generation zu Generation nicht nach einer exponentiellen Reihe, nämlich der Zweier-Reihe 2n , also 1, 2, 4, 8, 16, 32 … wächst, sondern hier viel langsamer nach einer speziellen arithmetischen Reihe, der berühmten Fibonacci-Reihe, die mit dem „Goldenen Schnitt“ in enger Berührung steht. Hier wächst die Personenzahl bei einem männlichen Probanden (die Probandengeneration als 0. Generation mitgezählt) nach 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55 …. während bei einem weiblichen Probanden die Reihe ebenfalls nach dieser Reihe, allerdings um eine Generation zurückverschoben, wächst, da eine Frau zwei X-chromosomale Erbbäume besitzt, da sie ja sowohl vom Vater und der Mutter, jeweils ein X-Chromosom vererbt bekommt; bei ihr ergibt sich die Reihe 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89 …

2. Was andere vorher darüber ausgesagt haben

Der Nationalökonom Dr. Gerhard Kessler, 1883-1963, bis 1933 Universitätsprofessor in Leipzig, - auch korrespondierendes Mitglied der "Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte e.V." - schrieb 1932 in einer großen analysierenden Besprechung über den 1. Band der "Ahnentafeln berühmter Deutscher" zum Thema Vererbungsfragen u.a. folgendes :

"Das Studium der Vererbungsfragen wird durch das Ahnentafelwerk hoffentlich beträchtlich gefördert werden. Der Referent als Laie darf wenigstens darauf aufmerksam machen, daß der Bearbeiter der Abbeschen Ahnentafel eine Familie Hebig mit 6 Zwillingsgeburten gefunden hat, daß die Tafeln von Haeckel, Welcker, Menzel, und Röntgen auffällige Reihen erblicher Langlebigkeit zeigen und daß in vielen Fällen hervorragende Männer bedeutende mütterliche Großväter (6) gehabt haben. Zu den bekannten Beispielen Goethe, Bismarck, Friedrich Naumann, treten hier Männer wie Hardenberg, Schleiermacher, Niebuhr, der Vater Savignys [2] und dessen mütterlicher Großvater v.Cranz [10], Haeckel und sein mütterlicher Großvater Sethe [6], Ehrle, Rogge. Wenn beide Großväter bedeutende Männer waren wie bei Conrad Ferd. Meyer, Wildenbruch, Feuerbach und Billroth, so kann die Begabung des Enkels nicht überraschen; aber daß ein unbestrittenes Übergewicht des väterlichen Großvaters (4) nirgends zu erkennen ist, gibt zu denken." 1)

Sinngemäß wiederholte Dr. Johannes Hohlfeld, Geschäftsführer der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte in Leipzig, diese aufzählende Feststellung von Gerhard Kessler ein Jahr später in seinem Aufsatz über "Deutsche Volksgenealogie" 2). Dort schreibt er, soziologisch noch ergänzend:

"Die Ahnentafeln berühmter Deutscher überraschen durch die Feststellung, daß nur einer der Probanden einen väterlichen Großvater von überragender Bedeutung aufweist, wohl aber der mütterliche Großvater überraschend häufig überdurchschnittliche Begabung zeigt. Wir erblicken in dieser Tatsache eine zur Gesetzmäßigkeit sich erhebende Regel, daß die berufliche Bindung eines Geschlechts aus sich selbst heraus nur dazu befähigt, braven, staatstreuen und wertvollen Durchschnitt zu erzeugen, daß aber erst der Einschuß anders gerichteter Begabung die Steigerung des Talents ins Genie ermöglicht".

Alle Beispiele Gerhard Kesslers hier nochmals aufzählend (ohne dabei Kesslers Namen zu nennen, den er erst später in einem anderen Zusammenhang anführt!) fügt Hohlfeld noch hinzu:

"...eine Ausnahme macht hier nur Wilhelm Wundt, dessen väterlicher Großvater dem Enkel an geistiger Bedeutung nichts nachgab, - aber dieser Großvater Wundt erbte die geistige Größe unstreitig von seiner Mutter Magdalena Charlotte Fliesen [Verwechslung! s.u.!], deren hundertprozentig akademische Ahnentafel ein genealogisches Phänomen ist."

Diese Erkenntnisse entnimmt Hohlfeld der bereits erwähnten Ahnentafelanalyse Wilhelm Wundts durch Gerhard Kessler, die dieser einen Monat vor Hohlfelds Königsberger Vortrag veröffentlicht hat 3). Es war im September 1933 für Hohlfeld wohl bereits nicht mehr "opportun" Kessler beim Namen zu nennen, da Gerhard Kessler als Professor für Soziologie (Nationalökonomie) in Leipzig, kurz vorher nach Istanbul/Türkei emigriert war.

Über Wundts Ahnentafelanalyse durch Gerhard Kessler soll im Zusammenhang mit meiner These im nachfolgenden einiges zitiert werden und dabei auch an Prof. Gerhard Kessler, einen weitgehend vergessenen großen Genealogen erinnert werden, zumal ich auch bezüglich früherer zitierter Autorenschaft hier leider etwas zu korrigieren habe (siehe unten). Zum Probanden hier nur kurz: Wilhelm Wundt, 1832-1920, war als Psychologe und Philosoph Begründer der experimentellen Psychologie und seinerzeit der führende Kopf dieser Disziplin und Schule in Leipzig.

Bevor wir noch etwas genauer auf die Ahnentafelanalyse Wilhelm Wundts durch Gerhard Kessler eingehen, seien hier noch vier weitere Aussagen zitiert. Vor allem dürfte in diesem Zusammenhang die Aussage des Historikers und bekannten Genealogen Dr. Felix v.Schroeder (1912-2003), besonderes Gewicht haben, der 1939 in einer Besprechung des 4. Bandes der "Ahnentafeln berühmter Deutscher" schreibt:

"Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß oft gerade der mütterliche Großvater bestimmte Bezirke der inneren Gestalt berühmter Männer blutmäßig besonders stark beeinflußt hat 4)".

Im 5. Band der "AT berühmter Deutscher" (1943) erwähnt Johannes Hohlfeld dann bei der Ahnentafel des Dichters Peter Roseggers nochmals die mütterlichen Großväter wie folgt: "Einzig der ‚Mann mit der eisernen Maske' (nach H.L.Rosegger), der mütterliche Großvater, kann (oder wird sogar) Blutauffrischung in jene festgefügte Ahnenschaft gebracht haben; das wäre den Erbbiologen nur ein weiterer Beweis für die Wichtigkeit der Erbanlagen mütterseitiger Großväter 5)".

Auch der namhafte Genealoge Prof. Dr. Wilhelm Karl Prinz von Isenburg (1903-1956) bemerkt in seinem kleinen Studienführer "Sippen- und Familienforschung" (1943): "daß man auch oft die Ähnlichkeit eines genialen Menschen mit seinem mütterlichen Großvater nachgewiesen hat" (S. 7).

Abschließend sei noch der bekannte österreichische Genealoge Heinz Schöny bei der Ahnentafelanalyse des Wiener Komponisten Friedrich Wildgans (1913-1965) zitiert:

Der Vater Anton Wildgans hatte seine dichterische Begabung, wie bei Dichtern in auffälligem Ausmaß, von der Mutterseite geerbt. Meist ist hier der Großvater mütterlicherseits wichtigster Überträger oder in gewissem Sinne sogar Schöpfer jener psychischen Fähigkeiten, die einen Dichter bedingen, für ihn Voraussetzung sind, natürlich abgesehen vom Intellekt an sich. Das ist schon in Goethes bekannten Vierzeiler "Vom Vater hab' ich die Statur ... vom Mütterlein ... die Lust zu fabulieren" entdeckt und festgehalten. Solche psychischen Voraussetzungen deuten sich bei den Großvätern vielfach an jenen Tätigkeiten an, die mit dem Seelischen, dem Lebendigen an sich beruflich unmittelbar zu tun haben. ... Es sind dies etwa Berufe wie Förster, Jäger, Gärtner, auch Bauern, oder Lehrer, Ärzte, Apotheker, seltener[!] merkwürdigerweise Wirte, Beamte oder Offiziere, kaum [!] Handwerker, jedoch eher[!] Kunsthandwerker oder Künstler jeder Art." (aus: Genealogie (1986), Heft 1, Seite 16).

3. Zitiertes und Kommentiertes zur AT-Analyse Wilhelm Wundts

Vor seiner gründlichen AT-Analyse erweiterte Kessler erst einmal die von Dr. med. Gottfried Roesler, Breslau, bearbeitete Ahnentafel von Wilhelm Wundt. In seiner o.g. Arbeit "Wilhelm Wundts Ahnenerbe 3)" hat Kessler Korrekturen, Ergänzungen und neue Forschungen veröffentlicht, die die Roesler'sche AT-Zusammenstellung um mehr als das Doppelte erweitern!

Neu erforscht sind hier auch zahlreiche Linien von Glaubensflüchtlingen (Hugenotten und Calvinisten), auch reformatorisch wirkende Theologen sind darunter. Dabei war es für mich überraschend, daß die rheinisch-pfälzischen Linien Fuchs (34) und Stern (69), die Kessler auch korrigiert und erweitert hatte, in verwandtschaftliche Beziehungen zu der von mir jüngst bearbeiteten berühmten hessischen Familie Orth einmünden 6). In dieser Orth-Stammtafel kommen die Fuchs (VIII 84) und Stern (IX 54) ebenfalls im pfälzischen Monzingen/Nahe vor, einem Nachbarort von Weiler, wo sich besonders viele Orths innerhalb von 7 Generationen ausbreiteten und seßhaft wurden. "Die Familie Fuchs hat in Monzingen das Oberschultheißenamt durch 5 Generationen verwaltet, und aus der Behäbigkeit des Grund- u. Weinbergbesitzes in Monzingen konnten nicht wenige Glieder und Zweige der Familie in kaufmännischen Wohlstand, akademische Ämter, Offiziers- und Beamtenadel, im 19. Jahrhundert auch ins industrielle Unternehmertum übergehen. Die Familie blüht noch heute in Deutschland wie im Ausland (Familiengeschichte von Ob.-Reg.-Rat Friedrich Fuchs, [Rockenhausen] 1930". (Kessler). Der ältest erforschte Peter Fuchs (136) schrieb sich anfangs noch Pierre Renard, war seit mindestens 1591 als wallonischer Glaubensflüchtling reformierten Bekenntnisses in Lambrecht b.Neustadt/Weinstr. ansässig und mit Rahel Arnold (137) verheiratet (Jüdin?).

In seiner gründlichen Analyse der gut erforschten AT Wilhelm Wundt schreibt Kessler zunächst nur kurz über den Vater von Wundt:

"Wundts Vater, der Pfarrer Maximilian Wundt (2), hat in dem Vaterstamme nur einen bescheidenen Platz; Roesler rühmt seine weit bekannte Güte und verschwenderische Freigebigkeit, während Zeugnisse für geistige Originalität oder wissenschaftliche Fruchtbarkeit mir nicht bekannt geworden sind". (Sp. 159f.).

Zur mütterlichen Seite der Wundt-Ahnentafel heißt es bei Kessler dann:

"Auf der mütterlichen Seite sind für die Erbforschung in erster Linie zu beachten die Familien Arnold (3, 6 usw.) und Brünings (7, 14 usw.), also die Familien der Großeltern von der Mutterseite" (...). Die Vorfahren Arnold versahen durch 4 Generationen (6, 12, 24, 48) das gleiche Verwaltungsamt in dem pfälzischen Städtchen Edenkoben und sind, drei Generationen hindurch mit Töchtern dieses Städtchens oder der nächsten Umgebung verheiratet (13, 25, 49), offenbar zu gesicherten Wohlstande gelangt. Von 1737-1846 finden sich 7 Arnold aus Edenkoben als Studenten in den Heidelberger Matrikel, darunter auch Wundts Großvater Zacharias Arnold (6), der späterhin lange als Rentner in Heidelberg lebte, und seine beiden Söhne. Einer dieser Söhne, also ein Bruder von Wundts Mutter, war der Anatom Friedrich Arnold, Professor der Medizin in Tübingen und später in Heidelberg, 1854 Prorektor der Heidelberger Universität, ein bedeutender Mann, der den Neffen zum medizinischen Studium anregte. Die Loslösung von Kleinstadt und Landwirtschaft, die die Familie Arnold vollzogen hat (...) ist offenbar bestimmt durch das Erbe der Mutter und Großmutter Susanna Brünings (7), die in die stammfeste, wirtschaftstüchtige, aber kleinstädtische Familie Arnold frisches Blut aus einer wesentlich andersartigen Familie brachte. Diese mütterliche Großmutter Wundts (7) hatte einen Heidelberger Pfarrer und Kirchenrat zum Vater (14), einen Heidelberger Universitätsprofessor und Pfarrer, Christian Brünings (28) zum Großvater. Christian Brünings, 1755/56 Rektor der Heidelberger Universität, entstammte einem Bremer Geschlecht, das 1599 [!] mit Rendich Brünings (+ 1625) zum ersten Male in den Rat der Stadt eintrat, mit dem Präzeptor am Bremer Pädagogium Brüning Brünings 1587 anscheinend zum ersten Male einen Akademiker stellte (...) und das seit 1650 in den deutschen und niederländischen Universitätsmatrikeln häufiger auftritt (Groningen 1651, Königsberg 1662, Heidelberg 1667, Marburg 1687, 1711. (...) In der Pfalz sind von 1670 bis heute 12 Brünings Pfarrer gewesen. Man darf annehmen, daß diese tatkräftige hanseatische Familie, die Zweige nach der Pfalz und Amsterdam trieb, mit Wundts Großmutter Susanna Brünings (7) jene Belebung in die Kleinstädterfamilie Arnold trug, die zwei Arnoldsche Söhne auf die Hochschule führte und die durch die Mutter (3) auch auf Wilhelm Wundt weiterwirkte." (Sp. 158f.).

Nach den Erkenntnissen der Genetik sind die mütterlichen Großeltern (6) und (7) eines AT-Probanden hinsichtlich der X-chromosomalen Erbwahrscheinlichkeit jedoch gleichwertig 7). Nur wurden früher aufgrund der patriarchalisch geprägten Gesellschaft (z.B. Schranken für Frauen beim Studium) die geistigen Eigenschaften der Frauen nicht so ausgebildet, daß sie überliefert bzw. wissenschaftlich fruchtbar werden konnten.

Doch auch zu Wundts väterlicher Ahnentafelseite sei hier noch weiteres zitiert, was letztlich auch an diesem Deszendenz-Beispiel meine These durch die erforschten Töchternachkommenschaften aus zeitlich umgekehrtem Blickwinkel untermauert. Kessler schreibt wohlabwägend und vorsichtig:

"Wenn ich Wundts Urgroßmutter Maria Modesta Mieg (9) unter allen Voreltern der IV. Generation für die wichtigste Vermittlerin geistiger Begabungen glaube ansehen zu dürfen, so wird diese These außer durch die erstaunliche Fülle von Begabungen auf ihrer Ahnentafel auch noch durch eine zweite Feststellung gestützt, die hier anzufügen ist. Eine Schwester der Maria Modesta Mieg (9) nämlich, die gleiches Blutserbe wie sie empfing, ist die Stammutter einer anderen Gruppe hochbedeutender Männer geworden. Elisabeth Adelheid Mieg (* Marburg 18.V.1698) heiratete 1715 den reformierten Theologen Abraham de Marees (1685-1760), einen Hugenottensohn, der als Superintendent in Dessau gestorben ist. In der weit ausgebreiteten Nachkommenschaft dieses Paares de Marees 8 Mieg finden wir den Maler Hans von Marees, den Berliner Historiker Friedrich Raumer (1781-1873), den Erlanger Naturforscher Karl von Raumer (1783-1865), das Mitglied der Paulskirche Hans von Raumer (1820-1851), den Kieler Mediziner Arnold Heller (* 1840), den Marburger Gynäkologen Friedrich Ahlfeld (1843-1929), den Reichswirtschaftsminister Hans von Raumer (* 1870), den Göttinger Theologen Carl Stange (* 1870), nicht zuletzt den großen politischen Denker D. Friedrich Naumann (1860-1919). Bei allen diesen Persönlichkeiten wirkt selbstverständlich auch anderes Blutserbe mit; aber daß zwei Schwestern Mieg so geistig fruchtbare Nachkommenschaft hinterlassen haben, ist ohne das reiche Ahnenerbe, das sie in sich trugen, nicht zu erklären. Es wird Aufgabe weiterer Erbforschung sein, den Nachkommen der anderen Miegschen Geschwister aus jener Generation nachzugehen (das Ehepaar Ludwig Christian Mieg (18) 8 Lousise Catharina Pauli (19) hinterließ 3 Söhne und 5 Töchter). Bei der entscheidenden Bedeutung, die die Urgroßeltern (9) Maria Modesta Mieg 8 Wundt offenbar für die Begabung Wilhelm Wundts gehabt hat, verdienen die 7 Gelehrtenfamilien, denen sie in 4 Generationen entsproß, besonderes Interesse (zweimal Mieg; Schloer, Strasburg, Camerarius; Pauli, Curicke, Tossanus). Die Familie Mieg erscheint wie die Familien Wundt, Tossanus und Umbscheiden zweimal auf Wundts Ahnentafel; er verdankt ihr besonders viel." (Sp. 163 f.).

Das ergibt sich in Wundts AT durch das Halbgeschwisterpaar (gemeinsamer Vater):

  • Wundt: 16 und 23
    und die 3 Vollgeschwisterpaare:
  • Umbscheiden: 44 und 47
  • Mieg : 72 und 79
  • Tossanus: 156 und 294

 

Interessierten Lesern sei nahegelegt, die verwandtschaftlichen Verflechtungen grafisch aufzuzeichnen, die durch diese 4 Geschwisterpaare eindeutig festgelegt sind 8).

Das führt jeweils zu den beiden doppelten Verwandtenehen: Wundt ∞ Fliesen 4/5 und Mieg ∞ Pauli 18/19 und der Vetter-Base-Ehe Umbscheiden ∞ Wundt 22/23. Der Implex ("Ahnenverlust") beschränkt sich damit ausschließlich auf die väterliche AT-Seite und hat damit in der 512er Reihe (9. Ahnengeneration) den quantitativen Kennwert ik = 8,2 % (bezogen auf die gesamte AT) 9).

Besserwisserisch postulierte Johannes Hohlfeld dagegen erstaunlich vereinfacht und noch personenverwechseld dazu: "aber dieser Großvater Wundt erbte die geistige Größe unstreitig von seiner Mutter Magdalena Charlotte Fliesen, deren hundertprozentig akademische Ahnentafel ein genealogisches Phänomen ist" (Sp.254). Hier verwechselte Hohlfeld ganz offensichtlich die Personen, denn nicht diese Großmutter Fliesen (5), sondern die Urgroßmutter Maria Modesta Mieg (9), deren Ahnenschaft Kessler oben skizziert hat, ist die Mutter von Wundts Großvater (4), und nur sie(!) kann man "100 %ig akademisch" nennen. Die Ahnenschaft der Großmutter Fliesen (5) verdient indessen diese Qualität nicht, zumal ihre Ahnenschaft relativ tiefe Forschungslücken im Handwerkerbereich aufweist.

Bei Maria Modesta Mieg (9), kommt Kessler aufgrund seiner Forschungen tatsächlich zu einer imponierenden Aussage über eine "Akademiker-Konzentration", die Hohlfeld als "genealogisches Phänomen" sehr irritierend der Großmutter Fliesen zugeschrieben hat.

Kessler schreibt: "Die Ahnentafel dieser Wundtschen Urgroßmutter Maria Modesta Mieg (9) 8 Wundt verdient ein besonderes Studium. (...) Durch 4 Generationen hat diese Urgroßmutter Wilhelm Wundts also nicht einen einzigen Vorfahren außerhalb der akademischen Welt, und unter diesen 15 Gelehrten waren nicht weniger als 6 Hochschullehrer (18 [Mieg], 36[Mieg], 38[Pauli], 76[Pauli], 78[Toussain], 148[Strasburg])! Dabei kommt der Zusammenstrom dieses Blutes aus vielen Stämmen: die Familie Mieg stammt aus Straßburg, Schloer aus Kaiserslautern, Strasburg aus Freiberg in Sachsen, Camerarius aus Nürnberg und Bamberg, Pauli und Curicke aus Danzig, Toussain aus Französisch-Lothringen". (Sp. 163).

4. Die "x-chromosomale These" im Lichte neuzeitlicher GeneTalogie

Meine These, die im Titel dieses Aufsatzes steht, wurde zuerst Anfang 1989 in der genealogischen Vereinszeitschrift "Quellen und Forschungen" (Aurich) veröffentlicht 13) und dann 1990 in meiner Arbeit über die Ahnenschaft Bismarcks im "Archiv für Sippenforschung" unter Hinweis auf weitere Personen wiederholt 10c). Bezüglich näherer Einzelheiten zur X-chromosomalen Erbwahrscheinlichkeits - Statistik im Rahmen der Genealogie (= GeneTalogie) muß auf meine früheren Arbeiten verwiesen werden 10).

Gewiß hätte Hohlfeld wegen seiner Verwechslung die "Erkenntnis kränken müssen", daß weder die väterliche Urgroßmutter Mieg (9) noch die Großmutter Fliesen (5) in X-chromosomaler Hinsicht als Erbüberträger in Frage kommen können. Wobei hier natürlich nicht etwa der Eindruck erweckt werden soll, daß diese väterlichen Ahnen gar keinen Beitrag zur "geistigen Größe" Wundts geleistet haben könnten. Es ist nur so, daß diese väterlichen Ahnfrauen, wie auch ihre männlichen Ehepartner von der "Zufallslotterie" der genetischen Merkmalsvererbung in X-chromosomaler (!) Hinsicht aufgrund ihrer besonderen Stellung zu Wilhelm Wundt nicht in Frage kommen. Der blinde Zufallsmechanismus der Vererbung (Rekombination bei der sog. Reifeteilung = Meiose) wird hier für die Gene des X-Chromosoms durch eine scheinbare Eigengesetzlichkeit unterbrochen: Die Vererbung bei einer Vater-Tochter-Filiation muß mit Notwendigkeit erfolgen, da diese Vererbung ja die weibliche Geschlechtsbestimmung selbst ist (Geschlechtsvererbung durch die X-Chromosomen-Vererbung). Bei einer Vater-Sohn-Filiation scheidet diese X-chromosomale Übertragung dagegen mit Notwendigkeit aus, da der "Zufall" hier das männliche Geschlecht in Form des Y-Chromosoms "erwürfelt hat". So einfach ist das!-

Für Wundts Schwestern als weibliche Probanden(!), die es freilich nicht gab, wäre die "elitäre" Urgroßmutter Mieg (9) X-chromosomal ausgeschlossen; und zwar wegen der Sohn (4)-Enkelsohn (2)-"Blockade", da das X-Chromosom von (4), das er von (9) geerbt hat, "verloren geht"! Die väterliche Großmutter (5) hätte hier dann aber eine doppelt so große Erbwahrscheinlichkeit (= 100%, also "mit Bestimmheit"!)" als die mütterlichen Großeltern (6) und (7), die hier jeweils "nur" mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % also "halbe-halbe" beim schicksalhaften "Würfelspiel" (= Zufalls-Kausalität) vertreten sind. In meiner Arbeit von 1979 sprach ich bei unterschiedlicher Erbwahrscheinlichkeit innerhalb der gleichen Generation, von "Disproportionierung" (S. 100).

Diese Gesetzmäßigkeit bei der geschlechtsgebundenen Vererbung mag wohl auch der wahre Kern der Volksweisheit sein, "daß die Söhne ihren Müttern [geistig] ähneln, während die andere Aussage, "daß die Töchtern ihren Väter ähneln" danach im Mittel nur zu 50 % zutreffen dürfte.

Wie gesagt, können - ganz allgemein! - auch die Großmutter (5) und Urgroßmutter (9) geistige Eigenschaften durch ihre nicht geschlechtsgebundenen Chromosomen (Autosomen) an den männlichen AT-Probanden vererben. Es soll aber nach neusten humangenetischen Forschungen (siehe unten) die Rate der Intelligenz-Gene auf dem X-Chromosom rund dreimal so hoch sein wie jene auf den zahlreich übrigen Chromosomen (Autosomen). Auf diese quantitativen Erbwahrscheinlichkeits - Verhältnisse habe ich schon 1979 hingewiesen 7) und komme unten nochmals kurz darauf zurück (siehe jetzt auch unter www.genetalogie.de ).

Vielleicht unterließ der in Leipzig sonst sehr rührig und verdienstvoll wirkende Hohlfeld es als Geschäftsführer der "Zentralstelle" hier aus politischen Gründen, die Autorenschaft von Gerhard Kessler zu nennen. Oder sah er in Kessler vielleicht auch einen aufkommenden Rivalen in der Zentralstelle? Denn im nächsten Absatz nennt Hohlfeld ihn in einer Einlassung kritisch beim Namen, und stellt den "Einzeluntersuchungen" Kesslers seine von ihm (Hohlfeld) geforderte "systematische Forschung vom Standtpunkt der Bevölkerungsgeschichte" entgegen, "um zu allgemeinen Erkenntnissen über die klassengeschichtliche Schichtung unseres Volkes zu kommen".-

Es überrascht allerdings - oder vielleicht auch aufgrund des Inhalts nicht! -, daß Kesslers weitere genealogische Arbeit "Judentaufen und judenchristliche Familien in Ostpreußen" noch 1938 (!) in den "Familiengeschichtlichen Blättern" als 3-teilige Fortsetzungsreihe unter dem Namen "Dr. Gerhard Kessler, Professor der Soziologie an der Universität Istanbul" erscheinen durfte, lediglich das 4. Endkapitel wurde dann "aus redaktionellen Gründen" [!] nicht mehr veröffentlicht 11).

Eine weitere wertvolle bisher kaum beachtete interdisziplinäre Grundlagenarbeit ist Gerhard Kesslers Vortrag "Genealogie und Wirtschaftsgeschichte" auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der familien- und wappenkundlichen Vereine in Leipzig 1931, der im gleichen Jahr im "Archiv für Kulturgeschichte" - also an recht entlegener Stelle! - veröffentlicht worden ist 12).

Ich bedaudere es, daß ich Kesslers bemerkenswerte statistischen Aussagen aus dem 1. Band der "Ahnentafeln berühmter Deutscher" (1932) , die er noch im gleichen Jahr 1932 veröffentlichte, irrtümlich Johannes Hohlfeld zuschrieb, da ich damals (1989) 13) nur Hohlfelds Arbeit "Deutsche Volksgenealogie" von 1933, aber nicht Kesslers Besprechung der "Ahnentafeln berühmter Deutscher" von 1932 kannte 1). Auch in meinem Buch "Die Geisteskrankheit der bayerischen Könige Ludwig II. und Otto" von 1997 wiederholte ich diese Befunde leider nochmals fälschlich unter dem Namen von Hohlfeld 14).

Im "Königsbuch" bringe ich vor allem zahlreiche Beispiele, wo die Vererbung sich in negativer geistiger Hinsicht auf X-chromosomalen Vererbungslinien ausgewirkt haben dürfte. Wie ein roter Faden durchzieht meine "These" vor allem im negativen Sinne bezüglich mutmaßlicher Krankheitsüberträger das ganze Buch (S. 10, 20, 34, 55, 73, 132, 134, 137, 142, 153; Anm. 75e). Dort werden mittels eines EDV-Programms, das Weert Meyer, Leer, entwickelt hat, alle Ahnen der beiden Königsbrüder bis zur 14. Ahnengeneration (!) hinsichtlich ihrer autosomalen und X-chromosomalen biologischen Verwandtschaftsgrade in eine große Erwahrscheinlichkeitsliste ("Ranking") gebracht (Anhang: Gesamtstatistik S. 193-220). Es dürfte wohl die bisher größte durchgeführte biomathematische Berechung dieser Art überhaupt sein.

Auf die genetische Basis meiner These von der "besonderen Mittlerrolle X-chromosomaler Gene bei der Ausprägung geistiger Eigenschaften", die sog. "geschlechtsgebundene" Vererbung kann - wie oben gesagt - hier nicht eingegangen werden. Es muß nach diesem "Thesen-Spezifischen" auf meine Arbeit von 1979 im "Archiv für Sippenforschung" verwiesen werden 7), die auch in meiner GeneTalogie-Internetseite www.genetalogie.de zu finden ist. Dort ist aber noch nichts über qualitative (geistige) Eigenschaften ausgesagt, sondern es sind nur die unterschiedlichen Erbwahrscheinlichkeiten innerhalb der Ahnentafelstruktur (Ahnentafelplätze) aufgezeigt. Und zwar mit dem Befund unterschiedlicher Erbwahrscheinlichkeiten innerhalb ein und derselben Generation! ("Disproportionierung" ). Dabei werden die Unterschiede von Generation zu Generation immer größer und es kommen auch immer mehr Ahnentafelplätze vor, wo eine X-chromosomale Vererbung ganz ausgeschlossen ist.

Erst das gründliche Studium der Ahnentafel von Otto von Bismarck, das in der o.g Bismarck-Arbeit gipfelte 10c), die ebenfalls in der o.g. GeneTalogie-Internetseite www.genetalogie.de zu finden ist, und Analysen weiterer Ahnentafeln, wie z.B. von Friedrich dem Großen und von "Duodezfürst" Karl Edzard Cirksena ( Fürst von Ostfriesland) 13), Kronprinz Rudolf von Österreich, aber auch Goethes Ahnentafel, erregten hinsichtlich der X-chromosomalen Vererbungslinien mein besonderes Interesse, da sie sich als "geistige Schicksalslinien" darboten; und zwar im positiven wie im negativen Sinne. Dies führte dann auch zu qualitativen Aussagen, die ich mit Aussagen anderer Genealogen in Zusammenhang brachte. Dabei fiel auf, daß besonders die Ahnentafelplätze mit der Ahnen-Nr. 106, die durch wechselnde (alternierende) Abstammungen Mann(1)-Frau(3)-Mann(6)-Frau (13)-Mann (26)- Frau (53) -Mann (106) gekennzeichnet sind, oft eine herausragende Stellung aufweisen. Sie überraschen qualitativ durch positive oder negative Eigenschaften! Das ist aber gerade die Filiationskette dreier(!) mütterlicher Großväter! 15) Zahlreiche historische Beispiele sind im "Königsbuch" aufgeführt.

Alle diese Befunde lassen sich aber genetisch nur mit der Tatsache erklären, daß den X-chromosomalen Gene eine besondere Bedeutung hinsichtlich geistiger Eigenschaften zukommt ("Intelligenz-Gene"). Auf diese Befunde wurde schon vor 10 Jahren auch von Genetikern in der angesehenen britischen medizinischen Fachzeitschrift LANCET hingewiesen 16). Diese Untersuchungen gründeten sich allerdings damals auf das recht kleine genealogische Datenmaterial einiger bekannter englischer Gelehrten (z.B. Charles und Erasmus Darwin, Josiah Wedgwood und Francis Galton).

Schlagzeilen machte dieses "Phänomen" jedoch erst vor 5 Jahren auch in der allgemeinen deutschen Presse, als Prof. Horst Hameister und sein Team von der Abteilung Humangenetik an der Universität Ulm feststellte, daß die Rate der Intelligenzgene auf dem X-Chromosom rund dreimal so hoch ist wie jene auf den nicht geschlechtsgebundenen Chromosomen (Autosomen). Zum Beispiel titelte die F.A.Z. damals gleich etwas reißerisch " Intelligenz als Frauensache. Gene für geistige Fitneß überwiegend auf dem X-Chromosom 17)".

In meinem "Königsbuch" wies ich auch bereits darauf hin, daß die Ahnentafel Goethes "ein weiteres Musterbeispiel zur Untermauerung dieser X-chromosomalen Hypothese zu sein scheint" (S. 154). Aus dem genealogischen Handschriften-Nachlaß von Prof. Siegfried Rösch und anderen jahrelang gesammelten Genealogien war es seit langem dann meine Absicht, vor allem aus jenem Grunde, die Stammtafel des dreifachen Goethe-Ahnen Antonius Orth (Marburger Krämer und Bürgermeister, + um 1490), aufzustellen, der dreimal in Goethes Ahnentafel vorkommt und von dem eine große Zahl hessischer Gelehrten ausgeht. Dieses Ziel habe ich wohl Anfang 2006 mit einem Stammtafel-Entwurf, der ca. 1200 Orth-Namensträger umfaßt, erreicht, http://goethe-genealogie.de/orth/orthst.html wenn auch eine Orth-Monographie, die auch einen Ausblick auf die Töchternachkommen bietet, noch aussteht 6). Dann erst wird der interdisziplinäre Erkenntniswert aufgrund der Töchternachkommen, die partiell schon recht gut erforscht sind, ersichtlich werden. Eine Liste von Ahnengemeinschaften mit Goethe über gemeinsame Goethe-Ahnen einerseits und "Lexikonberühmtheiten" (aber auch Genealogen!) andererseits, habe ich in unserer Goethe-Genealogie-Internetsetie www.goethe-genealogie.de unter "Ahnengemeinschaften mit Goethe zusammengestellt. Mehr als das Doppelte dieser Goethe-Ahnengemeinschaften führen dort über Orth-Namensträger oder deren Töchternachkommen (59 von 111). Aus der Vielzahl der aufgeführten Genealogen wird deutlich, welche wertvollen wissenschaftlichen Beiträge private Familienforscher zu leisten vermögen, vor allem wenn sie zusätzlich durch die Möglichkeit motiviert sind, evtl. zu Geistesgrößen Ahnengemeinschaften herstellen zu können!

Es sei hier vorgeschlagen, eine Orth-Gesamtnachkommentafel - wohl am besten als Teamarbeit - zu erstellen, ähnlich wie es Siegfried Rösch mit der Zusammenstellung der Gesamtnachkommenschaft des Adam Poff (Buff) (Schuhmachermeister in Butzbach, + 1574) in seinem Buch "Die Familie Buff" (1953, Erg. 1955) geleistet hat. Die von mir zusammengestellte Orth-Stammtafel kann auch bereits als Ergänzung zu Siegfried Röschs großem Buch "Goethes Verwandtschaft 18)" aufgefaßt werden, wo zu den dort zusammengestellten ca. 4200 Goethe-Verwandten nun nochmals durch die Orth-Stammtafel ca. 1200 Goethe-Verwandte hinzukommen, wenn zunächst auch nur ausschließlich Orth-Namensträger .

Der Veröffentlichung der Orth-Stammtafel möchte ich einen programmatischen Artikel mit dem Titel "Die patrilineare Stammtafel - ein Auslaufmodell? Gedanken über Stammtafeln im allgemeinen und über die Marburger ORTH- (und GOETHE-) Familie im besonderen" vorausschicken, in dem ich den besonderen Stellenwert der Stammtafeln, ganz gleich in welcher Darstellungsform, vor allem auch aus ordnungswissenschaftlichen Gründen, für die Erstellung gut erforschter, also sehr großer genealogischer Nachkommentafel, klarlegen und favorisieren möchte. In zwei Heften habe ich dieses Thema behandelt:

http://www.genetalogie.de/unterseiteydnagenealogie/conzelmanner.pdf

http://www.genetalogie.de/unterseiteydnagenealogie/ueberleben.pdf

Und zwar der neuen Familiennamensgesetzgebung zum Trotze, sowie auch den oft vernehmlichen Einlassungen zum Trotze, daß die patrilineare Stammtafel in Zeiten der neueren genetischen Erkenntnisse ein "Auslaufmodell" sei, da sie den biologischen Stellenwert der Frauen nicht gerecht werden könne. Aber gerade hierzu glaube ich als Verfechter einer doch "frauenfreundlichen" These zur Klärung und "Versöhnung" einiges aus geneTalogischer Sicht beitragen zu können und zu müssen. Schließlich liefern die neuen geneTalogischen Erkenntnisse auch eine Erklärung für die ältere Aussage: "Das Genie der Frau liegt in ihren Söhnen" (Ernst Kretschmer) 19), wobei ich meine sehr geschätzten Leserinnen bitten möchte, diese Feststellung im allerfrauen-freundlichsten Sinne des Wortes auffassen zu wollen.-

Für interdisziplinär orientierte Leser, die sich für die neusten Ergebnisse der X-chromosomalen Genetik interessieren, sind die nachfolgenden Wissenschafts-Links angegeben 20).


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Anmerkungen:

1)

In : Familiengeschichtliche Blätter (1932), Jg. 30, H. 4/5, Sp. 89-96: Ahnentafeln berühmter Deutscher angezeigt von Prof. Gerhard Kessler, Leipzig (Zitat Sp. 94, "mütterliche" dort gesperrt gedruckt, der Fettdruck stammt vom Autor A.R.).

2)

In : Familiengeschichtliche Blätter (1933), Jg. 31, H. 10/11, Sp. 241-256: Deutsche Volksgenealogie (Vortrag vor dem Gesamtverein Deutscher Geschichts- und Altertumsvereine in Königsberg i. Pr. 5. Sept. 1933 von Dr. Johannes Hohlfeld, Leipzig.

(Zitat: Sp. 253).

3)

In: Familiengeschichtliche Blätter (1933), Jg. 31, H. 7/8 (Juli/Aug.), Sp. 145-170: Wilhelm Wundts Ahnenerbe von Prof. Gerhard Kessler, Leipzig.

4)

In: Familiengeschichtliche Blätter (1939), Jg. 37, H. 1, Sp. 29-35 (Zitat: Sp. 33).

5)

"Ahnentafeln berühmter Deutscher", 5. Folge, 12. Lieferung, Leipzig 1943. dort: Ahnentafel des Dichters Peter Rosegger, bearbeitet von Dr. Johannes Hohlfeld, Leipzig und Dr. Heinz Schöny, Wien; Zitat: Seite 287 [7].

6)

Arndt Richter: Entwurf einer Stammliste zur Marburger Familie ORTH, mit Registern zu Quellen, Namen und Orten, als WORD-Dokument, insgesamt 103 Seiten, Januar 2006:
http://goethe-genealogie.de/orth/orthst.html

Dazu auch über Darstellung von Nachkommensschaften:
http://wiki-commons.genealogy.net/images/a/a2/Gesicht_der_Genealogie.pdf

7)

Arndt Richter: Erbmäßig bevorzugte Vorfahrenlinien bei zweigeschlechtigen Lebewesen; in: Archiv für Sippenforschung (1979), H. 74, S. 96-109 (b-Wert-Liste Abb.2, S. 106).

8)

Zur erklärenden Anleitung siehe dazu: in meinem "Königsbuch" (siehe Anm. 14) Kapitel IX: Die Verschwisterungsliste (VSL) als Schlüssel (S. 60-64).

9)

Zur Implex-Berechnung siehe:

Arndt Richter: Verwandtschafts- und Implexberechnungen; in: Computergenealogie (1987), H. 7, S. 186-191 und Weert Meyer u. Arndt Richter: Richtige Vergleichswerte beim "Ahnenverlust" (Implex); in: Hessische Familienkunde (2002), H. 4, Sp. 251-261. Eine umfangreiche Implex-Literatur-Zusammenstellung findet man in meiner Internetseite
    www.genetalogie.de unter:
"Über innere Verwandtschaft - Weitverzweigt und eng verflochten!"

10)

a) siehe Anm. 7)

b) Felix von Schroeder, Dr.: Über den Erbgang des X-Chromosoms in der Ahnentafel; in: Der Herold (1980), H. 9, S. 295-296 (Besprechung von a)! ).

c) Arndt Richter: Eine "Prachtgestalt" in Bismarcks Ahnentafel - Aus der Ideengeschichte einer Wissenschaft; in: Archiv für Sippenforschung (1990/1991), H. 120, S. 537-567, dort besonders die Kapitel 6 (Stammtafel-Genealogie = "y-chromosomale Genealogie" , S. 555f. ) und 7 ("x-chromosomale" Genealogie am Beispiel von Bismarcks Ahnentafel, S. 556-559).http://www.genetalogie.de/artikel/pdf/bismarck.pdf

d) siehe Anm. 14) ("Königsbuch"), dort insbes. Kapitel X: Die bayerische Königsahnentafel, die Bienenahnentafel und x-chromosomale Vererbung.

11)

In: Familiengeschichtliche Blätter (1938), H. 8 -H. 11, Sp. 201-232, 261-272, 297-306.

Das 4. Kapitel ist nur in einem Sonderdruck des gesamten Aufsatzes gedruckt worden, der seinerzeit den Abonnenten nur auf Anforderung zugänglich gemacht worden ist. Frau Martina Wermes vom Sächsischen Staatsarchiv Leipzig hat mir im Dez. 2004 freundlicherweise davon eine Kopie geschickt.

12)

"Archiv für Kulturgeschichte" (1931), Bd. XXII, Heft 2 (B.G. Teubner, Leipzig); 1932 erschien dieser Vortrag Kesslers auch noch als Sonderdruck in der Leipziger Zentralstellen-Reihe der "Flugschriften für Familiengeschichte" als Heft 21, 40 Seiten. Von zahlreichen anderen genealogischen Arbeiten Kesslers sei hier nur noch Heft 53 der "Mitteilungen der Zentralstelle" genannt: "Die Familiennamen der Juden in Deutschland". "Kessler war als SPD-Mitglied Kandidat bei den Reichstagswahlen am 5.3.1933 gewesen, danach verhaftet worden, nach der Freilassung untergetaucht und emigriert. 1951 kehrte er in die Bundesrepublik Deutschland zurück und erhielt 1954 das Große Bundesverdienstkreuz" (lt. Volkmar Weiß in: Genealogie (2000), H.3-4, S. 80, Anm. 47) Während des Exils arbeitete er politisch mit Ernst Reuter, dem späteren Regierenden Bürgermeister von Berlin, zusammen. Kesslers Lebensdaten lt. Waldemar Schupp; in: Herold-Jahrbuch (2004), S. 158):

"* 24.8.1883, + 14.8.1963; Dr. phil., Nationalökonom, Prof. für Soziologie in Leipzig, dann in Istanbul, zuletzt in Göttingen.Vierter [Zentralstellen-]Beisitzer 17.3.1932-21.6.1933; dort seit 22.3.1935 [Schreibfehler?] Korrespondierendes Mitglied"

13)

Arndt Richter: Genealogisch-schaubildlicher Streifzug von Friedrich dem Großen zu Karl Edzard Cirksena. Mit neuen Gedanken zum Niedergang der europäischen Dynastien; in: Quellen und Forschungen zur ostfriesischen Familien- und Wappenkunde (1989), H. 1, Jg. 38, S. 7-20, Aurich/Ostfriesland (dort insbes. S. 11 u. S. 20, Anm. 14 u. 15).

14)

Arndt Richter: Die Geisteskrankheit der bayerischen König Ludwig II. und Otto. Eine interdisziplinäre Ahnenstudie mittels Genealogie und Statistik mit einer EDV-Programmbeschreibung von Weert Meyer, 220 Seiten, 45 Abb. Personen- und Sachregister, Neustadt/Aisch 1997 (Verlag Degener); Falschzitierung S. 34 u. S. 157, Anm. 27. http://www.genetalogie.de/bilderhtm/genetalogiebuch.html

15)

Arndt Richter: "Königsbuch" siehe Anm. 14), dort Seite 34, S. 55 u.57 u. S. 159 (Anm.41).

16)

Gillian Turner, Newcastle/Australia: Intelligence and the X Chromosome; in The Lancet, Vol. 347, 29 June 1996, p. 1814-1815

17)

F.A.Z. vom 19.12.2001

18)

Siegfried Rösch, Prof. Dr. : Goethes Verwandtschaft. Versuch einer Gesamtverwandtschaftstafel mit Gedanken zu deren Theorie. Neustadt/Aisch 1956 (Verlag Degener), 80 S. (Teil A) und 460 S. (Teil B), mit zahlreichen Tabellen und Grafiken

19)

Ernst Kretschmer, Psychiater, 1888-1964, wurde insbes. bekannt durch seine Konstitutionstypologie (Körperbau und Charakter). Der Kretschmer-Satz am Schluß sei hier vervollständigt: "... d.h. was eine Frau als Trägerin wichtiger Erbmassen, an bedeutenden geistigen Anlagen in sich hat, das kann in ihren Söhnen zu voller soziologischer Auswirkung kommen, wie das Beispiel von Goethes Mutter zeigt". Aus: "Geniale Menschen", 1958 (Springer-Verlag), 5. Auflage, 311 Seiten (Zitat: S. 152). In einer "geneTalogischen" Analyse der mütterlichen Großmutter Goethes, Anna Margaretha Textor, geb. Lindheimer (1711-1783), will ich dazu demnächst einschlägige Belege liefern, vor allem auch anhand des Ahnenimplex, bewirkt durch die Familien ORTH , Marburg/Lahn und SCHRÖDER, Schwarzenborn/ Hessen).

20)

In meinem unter Anm. 14) genannten "Königsbuch" hatte ich auf Seite 70f. bereits über die Wissenschaftsgeschichte zur Erforschung des X-Chromosoms berichtet und dort den damaligen Stand (1992) an erforschten X-Chromosomalen Krankheitsgenen mit 111 angegeben.

Eine Übersicht über die aktuelle (meist englischsprachige) Literatur zu X-chromosomalen Erkrankungen mit geistiger Behinderung findet sich über:
www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?CMD=Display&DB=pubmed
(Suchbegriff "MENTAL RETARDATION, X-LINKED").

Lesenswert sind zwei neuere Arbeiten von Prof. H.-H. Ropers, Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, Berlin:
Molekulare Ursachen genetisch bedingter kognitiver Störungen
sowie
X-linked mental retardation (mit Ben C. Hamel, Nijmegen).


Arndt Richter

Letzte Ergänzung: München, 2017-04-02


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